Alfonsina und das Meer
Buenos Aires, Argentinien.
“Durch den weichen Sand, den das Meer berührt, führt ihre kleine Spur nicht mehr zurück”, beginnt ein bekanntes lateinamerikanisches Lied. Es heißt “Alfonsina y el Mar”, “Alfonsina und das Meer”, und erzählt, wie eine Frau namens Alfonsina sich im Meer ertränkt. Es schildert ihre Einsamkeit und den Schmerz der Zurückgebliebenen.
Alfonsina und ihren Freitod hat es wirklich gegeben. Es ist die argentinische Dichterin und Schriftstellerin Alfonsina Storni, die am 25. Oktober 1938 im Meer von Mar del Plata den Tod fand. Sie beging Selbstmord, weil sie an Brustkrebs erkrankt war und unter Depressionen litt.
Ganz Argentinien war über ihren Tod erschüttert. Ihr zu Ehren schrieb Félix Luna das Gedicht “Alfonsina und das Meer”, das von Ariel Ramírez vertont wurde. Das Lied zählt zu den bekanntesten lateinamerikanischen Liedern und wurde von vielen Sängern interpretiert.
Als wir in Buenos Aires waren, machte ich mich auf die Spuren von Alfonsina Storni. Am Strand von Plata del Mar, dort, wo sie Selbstmord beging, gibt es ein Denkmal von ihr, aber in Buenos Aires nicht. Nur eine Gedenktafel am Haus Avenida Córdoba 807, wo sie zeitweise wohnte (s. Foto).
Biografische Informationen
Hier einige Informationen für diejenigen, die mehr über die Dichterin wissen wollen:
Alfonsina Storni wurde 1892 in der Schweiz geboren, wo ihre Eltern, die nach Argentinien ausgewandert waren, zu Besuch waren. Vier Jahre später kehrte die Familie nach Argentinien zurück. Alfonsina wuchs in armen Verhältnissen auf, erwarb später ein Lehrerdiplom und arbeitete als Lehrerin in Rosario. Als sie von einem verheirateten Politiker schwanger wurde, ging sie nach Buenos Aires, um der “Schande” in der Provinz zu entgehen. 1912 wurde ihr Sohn geboren.
Für ihren Lebensunterhalt musste Alfonsina alle möglichen Arbeiten annehmen. Gleichzeitig fing sie an, Gedichte zu publizieren. 1916 erschien ihr erster Gedichtband. Sie wurde Teil der intellektuellen Kreise in Buenos Aires und Montevideo. 1920 veröffentlichte sie ihre dritte Gedichtsammlung mit der Widmung: “Denen, die wie ich keinen einzigen ihrer Träume verwirklichen konnten.” Dabei war die Öffentlichkeit von ihren Gedichten begeistert. Alfonsina erhielt eine Reihe von Literaturpreisen, darunter auch 1922 den Argentinischen Staatspreis für Literatur.
Ab 1925 nahm ihre Dichtung eine andere Richtung, wurde sarkastischer und provokanter. Sie unternahm mit ihrem Sohn zwei Europareisen und hielt dort Vorträge und Lesungen. 1935 erkrankte sie an Brustkrebs. Sie wurde operiert, hielt aber die Chemotherapie nicht lange durch. In dieser Zeit schieden auch zwei Freunde von ihr aus dem Leben. Alfonsina hatte ihr ganzes Leben immer wieder psychische Krisen erlebt. 1938 fasste sie dann den Entschluss zum Selbstmord.
Gedenktafel am Haus in Buenos Aires, wo die Dichterin Alfonsina Storni wohnte
Commemorative plaque at the building in Buenos Aires where the poetess Afonsina Storni used to live